Da der kleine und sehr günstig aufzubauende Desktop Amp für meine alten Holzohren wirklich prima klingt (nicht nur gemessen am sehr überschaubaren monetären Einsatz, sondern auch absolut gesehen), bot sich ein Klangver-gleich mit einem der im Internet zahlreich angebotenen preiswerten, kleinen Class D Verstärker geradezu an.
Diese Verstärkerchen kommen praktisch alle aus dem Reich der Mitte, werden aber auch häufig von deutschen Importeuren mit einem kleinen Preisaufschlag angeboten und sind selbst dann noch für teilweise unter 30 Euro erhältlich.
Vorteilhaft bei einer Bestellung in Deutschland ist, dass man sich um keinerlei Einfuhrzölle und/oder Umsatzsteuern kümmern muss. Auch im Garantiefall ge-staltet sich die Abwicklung bei einem deutschen Anbieter natürlich wesentlich entspannter und einfacher.
Häufig bringen diese Verstärker auch Bluetooth mit und/oder haben teilweise allerlei "Gimmicks" mit an Bord, als da wären ... Aussteuerungsanzeigen, Klangregler, Karaoke-Funktionen, selbst Röhren in der Vorstufe sieht man ab und an.
Da ich all diese Zusatzfunktionen nicht benötige, entschied ich mich für den Class D Verstärker "V3" der Firma Fosi Audio, der als reiner (Audio)Verstärker mit Lautstärkeeinsteller von Hause aus keinerlei "klangverbiegende" Zusatz-funktionen mitbringt, auch keine Bluetoothverbindung.
Dieser kleine Class D Verstärker wird im World Wide Web häufig wegen seines sehr guten Preis-Leistungsverhältnisses gelobt und dabei werden insbesonde-re seine guten klanglichen Eigenschaften hervorgehoben.
Also erwarb ich kurzerhand die kleine China-Kiste (kostet neu ähnlich viel wie Desktop Amp im Eigenbau), um einen Klangvergleich Class D gegen Class AB machen zu können.
Der Fosi "V3" ist noch kleiner und leichter (550g gegen 700g) als Desktop Amp und gemessen am aufgerufenen Preis wirklich gut verarbeitet. Ich habe die Version mit dem 32 V Netzteil erworben, da die Ausgangsleistung mit diesem Netzteil an den doch recht wirkungsgradstarken HECO "Zweiklang" mehr als ausreichend hoch ist. Nach Herstellerangaben sollen es mit dem 32V/5A Netz-teil pro Kanal rund 100W/4Ohm und 50W/8Ohm Lautsprechern sein. Da die maximal mögliche Leistungsabgabe des Netzteils jedoch nur 160W (32Vx5A) betragen kann, muss zumindest die Leistungsangabe an 4 Ohm Lautspre-chern, mit der angegebenen Sinus-Dauerleistung von 2x100W, "geschönt" sein. Verglichen mit den rund 6W/4Ohm bzw. 3W/8Ohm des Desktop Amps, ist die Ausgangsleistung des Class D Verstärkers aber immer noch mindestens um den Faktor 10 höher.
Wie immer, höre ich eine mir unbekannte Audiokomponente zunächst einmal alleine, also nicht vergleichend, für mehrere Stunden an, um mir einen ersten klanglichen Eindruck verschaffen zu können ... und dieser erste Eindruck des Fosi "V3" war absolut positiv.
Da waren keinerlei "digitale" Härten oder ein kantiges, rauhes Klangbild hörbar. Stimmen klangen rund und sauber, der Hochtonbereich klar und verzerrungs-arm. Der Verstärker hatte den Lautsprecher spürbar unter Kontrolle und spielte insbesondere im Bassbereich sehr tief und pulvertrocken.
Nach diesem ersten positiven Eindruck, klemmte ich Desktop Amp und den Fosi "V3" an meine kleine, selbstgestrickte Umschaltbox, um beide ohne zeit-lichen Verzug klanglich miteinander vergleichen zu können. Da der Fosi Audio einen Lautstärkeeinsteller hat, konnte ich den Verstärker auf den gleichen Aus-gangspegel wie Desktop Amp einstellen, so dass beim Umschalten keinerlei Lautstärkeunterschiede gegeben waren. Auffallend war jedoch, dass die Ein-stellquarakteristik des Lautstärkepotis doch recht gewöhnungsbedürftig ist. Es ist nämlich so, dass erst im letzten Viertel des Potidrehbereichs eine deutlich hörbare Lautstärkezunahme erfolgt. Hat man sich an diesen Umstand erst ein-mal gewöhnt, kommt man damit zwar durchaus zurecht, aber so ganz optimal ist dieses Verhalten meiner Meinung nach nicht.
Beim nun anschließenden Klangvergleich zeigte sich, dass Desktop Amp dem Fosi "V3" klanglich in nichts nachsteht und er im Mittel- und Hochtonbereich sogar noch etwas feiner auflöst als der Class D Vertreter. Dies konnte man sehr gut bei dem Lied "Blue light 'til dawn" des gleichnamigen Albums von Cassandra Wilson hören.
Ziemlich am Anfang des Stücks ertönt auf dem rechten Kanal eine Triangel, deren Ausschwingen mit Desktop Amp noch ein wenig feiner und auch zeitlich etwas länger hörbar war, als mit dem Fosi. Auch klang Cassandra Wilsons Stimme mit dem China-Verstärker etwas weniger voluminös und geringfügig flacher. Dieses Verhalten zeigte sich auch auf dem Stück "Any less than this" welches auf dem 1994 erschienen Album "Speaking in Melodies" des amerika-nischen Musikers Michael Ruff zu finden ist. Mit dem Fosi klang die Posaune hörbar flacher, so als wäre sie etwas geschrumpft und es fehlte auch ein wenig der untere Grundtonbereich. Dieser leichte Grundtonmangel war praktisch im-mer hörbar. Stimmen klangen deshalb stets ein wenig distanzierter als über den Class AB Verstärker. Was nun richtig oder falsch ist, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten. Mir gefällt das etwas voluminösere Klangbild aber definitiv besser. Dies ist jedoch nur meine ganz persönliche Meinung und es wird selbstverständlich auch Musikliebhaber geben, die den leicht schlankeren Mitteltonbereich des Fosi klanglich bevorzugen. An etwas "fett" abgestimmten Lautsprechern mag dieses Klangverhalten sogar vorteilhaft sein.
Hatte Desktop Amp im Mittel- und Hochtonbereich und auch in der Auflösung nach meinem Dafürhalten knapp die Nase vorn, konnte der China Amp jedoch im Bass klar punkten. Dieser Frequenzbereich klang sehr tief, absolut kontrol-liert und ultratrocken. Man merkte schon, dass der kleine Desktop Amp mit sei-ner 6 Watt "Power" leistungsmäßig ganz deutlich am Limit war, selbst an den einfach anzutreibenden HECOs, die einen echten Wirkungsgrad von immerhin 93dB/W/m mitbringen und deren Impedanzfrequenzgang gutmütig und für den Betrieb mit Röhrenverstärkern sogar impedanzentzerrt ist.
Was mir jedoch nicht ganz so gut gefiel, war der Umstand, dass der Fosi "V3" diesen sehr tiefgehenden Bassbereich irgendwie nicht so ganz harmonisch in das Musikgeschehen einfügte, es rastete nicht vollkommen ein. Ich hatte des Öfteren das Gefühl, als würde das Timing in diesem tiefen Frequenzbereich nicht so ganz stimmen. Dieses Verhalten ist schwer zu beschreiben; der Tief-bassbereich klang häufig zu prominent, nicht in Form einer Überhöhung, dies war so in keinster Weise gegeben, sondern eher in Form einer nicht vollständig harmonischen (zeitlichen?) Integration in den oberen Bassbereich.
Ein Quercheck mit SE60 spez. zeigte dies recht deutlich. Obwohl der SE60 keinesfalls tiefer in den Basskeller ging, so war der untere Bassbereich jedoch mächtiger, wenn nötig auch grollender und klar besser in das Musikgeschehen eingebunden, einfach harmonischer integriert.
Aber das ist meckern auf durchaus hohem Niveau und es ist echt verblüffend, wie eine so kleine Kiste, mit einem so popeligen Schaltnetzteil einen derart ultratief gehenden und trockenen Bass produzieren kann.
Ich bin mir auch absolut sicher, dass der kleine, doch recht leistungsschwache Desktop Amp, betrieben an Lautsprechern mit einem geringeren Wirkungsgrad als den HECO "Zweiklang", dann wohl gegen den Class D Vertreter klanglich den Kürzeren gezogen hätte.
Die Technologie der schaltenden Analogverstärker (Class D) könnte in Zukunft die klassische Verstärkertechnologie durchaus in arge Bedrängnis bringen. Sie punktet mit hohem Wirkungsgrad und einem sehr guten, verzerrungsarmen Klang ... und da ist ja auch durchaus noch weiteres klangliches Potential gege-ben.
Wenn ich mir die Platine des kleinen Fosi "V3" so anschaue, dann sehe ich dort pro Kanal lediglich einen 2200µF Siebelko und in der Eingangsstufe einen einfachen Doppel-OP vom Typ "NE5532". Mit diesem Operationsverstärker bin ich eigentlich nie so richtig warm geworden. Allerdings beschränkt sich diese Erkenntnis bei mir auch nur für den Betrieb als Operationsverstärker in Phono-stufen und nicht im Einsatz als Hochpegelverstärker. Dort mag er ja durchaus besser aufgehoben sein, aber ich gehe jede Wette ein, dass an dieser Stelle klanglich noch einiges Potential gegeben ist.
Ein Schaltnetzteil mit hoher Schaltfrequenz benötigt zur Generierung einer sauberen Gleichspannung selbstredend viel weniger Siebkapazität als ein kon-ventionelles Netzteil. Aber eine höhere Siebkapazität als 2200µF würde mit großer Sicherheit noch einen klanglichen Zugewinn bringen.
Da der Fosi nicht gleichspannungsgekoppelt ist, könnte auch ein Tausch der Koppelkondensatoren gegen hochwertigere Typen klanglich vorteilhaft sein.
Wie man sich gut vorstellen kann, schlummert da noch einiges ungenutztes Klangpotential. Wenn die "Chinesen" mal beginnen sich von dem kleinen Ge-häuseformat zu verabschieden und mehrere Audio-Eingänge, ein hochwerti-ges Lautstärkepoti, klanglich bessere Bauteile, sowie vielleicht auch ein leis-tungsstärkeres Netzteil in ihre Verstärker zu integrieren, dann können sich in naher Zukunft so manche "High-End-Boliden" konventioneller Bauart warm anziehen.
Diese chinesischen Firmen sind mit absoluter Sicherheit in der Lage, einen so aufgemotzten Verstärker für unter 500 Euro anzubieten und dann könnte es für so manchen etablierten sogenannten "High-End" Hersteller wirklich eng wer-den. Was da zum Teil für Preise aufgerufen werden, lässt einen nur mit dem Kopf schütteln. Dies hat mit einem halbwegs vernünftigen und fairen Preis- Leistungsverhältnis teilweise nichts mehr zu tun.
Also warten wir es mal ab!
Unten noch einige Bilder mit Blick auf die Platine des Fosi "V3".
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